Polen 1939

Kriegskalkül, Vorbereitung, Vollzug

Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen ging die polnische Regierung 1939 in die Konfrontation mit Deutschland? Die Antwort ist komplex, aber in der Summe klar. Lange Jahre des Kalküls und des grundsätzlichen Mißtrauens wurden jetzt ausgetragen. Polen wollte dabei sein und einen Erfolg erzielen, auf den man lange hingearbeitet hatte.

Aus dem Buch:

„An den grundsätzlichen Bedingungen für ein polnisches Vorgehen gegen Deutschland hatte sich seit 1919 nichts verändert. Für Pilsudski hing bereits damals alles davon ab, inwieweit die Entente, also im wesentlichen die beiden Westmächte Frankreich und Großbritannien, bereit war, Deutschland „zusammenzurücken“. Gleichzeitig mußte der Rücken im Osten frei sein, durfte also kein sowjetischer Angriff drohen.

Daß Pilsudski bereit war, militärisch sowohl gegen das Weimarer Deutschland wie den frühen Nationalsozialismus vorzugehen, ließ er in London und Paris immer wieder wissen, „zweimal im Jahr“, wie Robert Vansittart, der damalige Amtschef des britischen Foreign Office, später etwas spöttisch schrieb. Auch nach Washington übermittelte Pilsudski die Nachricht, jederzeit vorgehen zu wollen, wenn die Deutschen die internationale Ordnung erschüttern sollten. Allerdings blieb die Reaktion aus dem Westen immer wieder negativ, fast bis ins Jahr 1939 hinein.

Im Osten dagegen tat sich etwas. Während man sich im Moskauer Politbüro bei den Geheimsitzungen Anfang der dreißiger Jahre die Notizzettel zuschob und diskutierte, wann denn endlich der geplante Überfall auf Europa stattfinden solle, agierte die UdSSR außenpolitisch ganz anders. Erfüllt vom Überlegenheitsgefühl der eigenen getarnten Aufrüstung warf die UdSSR auf den internationalen Konferenzen der Zeit mit Abrüstungsvorschlägen nur so um sich. Für Osteuropa wurde außerdem ein ganzes System von Nichtangriffspakten vorgeschlagen.

1932 kam schließlich ein russisch–polnischer Nichtangriffspakt zustande. Mit deutlichem Misstrauen definierte er den Angriff so, daß jeder „Einfall“ oder „Angriff mit Land–, See–, oder Luftstreitkräften, wenn auch ohne Kriegserklärung“ als Aggression zu werten sei und außerdem „keine Erwägungen politischer, militärischer, wirtschaftlicher oder anderer Natur als Entschuldigungsgrund oder Rechtfertigungsgrund … gelten“ könnte. Auch „die innere Lage“ eines Staates, wie „z.B. seine politische, wirtschaftliche oder soziale Ordnung“ und „angebliche Mängel seiner Verwaltung“ waren als Angriffsgründe ausgeschlossen. Seit dieser Zeit ging man in Warschau davon aus, die UdSSR neutralisiert zu haben. Bis zum Kriegsausbruch änderte sich daran nichts mehr.“