Oft gestellte Fragen – kurze Antworten |
Halten Sie Deutschland für unschuldig am Zweiten Weltkrieg? Nein. Der bewusste Versuch, eine ‚groß’deutsche Einheit unter nationalsozialistischen Vorzeichen zu erzwingen, ist eine wesentliche Ursache für diesen Krieg gewesen. Es ist nur eine völlig andere Ursache, als die regelmäßig kolportierte Behauptung, man habe 1939 unprovoziert einen Krieg zur Eroberung wesentlicher Teile der Welt vom Zaun gebrochen. Also kein ‚Überfall auf Polen‘? Nein, kein Überfall. Übrigens auch kein Überfall auf die UdSSR 1941. In beiden Fällen gingen jahrelange politische Spannungen voraus und in beiden Fällen übrigens auch monatelange militärische Vorbereitungen beider Seiten. Die übrigens in beiden Fällen zeitlich nicht zuerst durch Deutschland begonnen wurden. Warum haben das andere Historiker nicht gesehen? Es hat immer viele Historiker gegeben, die diese Auffassung vertreten haben, teilweise sehr pointiert. Prof. Immanuel Geiss zum Beispiel vertrat in den 1960ern die Ansicht, der Nationalsozialismus habe zwar 1939 den Krieg verursacht, habe ihn aber offensichtlich nicht gewollt. Das sei die Schwachstelle jeder Anti-NS-Geschichtsschreibung. Politisch gesehen war er übrigens Sozialdemokrat. Ich nehme für mich allerdings in Anspruch, diese Zusammenhänge am intensivsten durchdacht und am konsequentesten formuliert zu haben. Warum hat sich diese Ansicht nicht durchgesetzt und gilt statt dessen sogar als politisch gefährlicher ‚Revisionismus‘? Die Forschungen vor allem zum Zweiten Weltkrieg haben sich bisher nicht aus ihrer Politisierung lösen können. Sämtliche Siegerstaaten haben zudem ein vitales Interesse daran, daß die These deutscher Alleinschuld bestehen bleibt und immer wieder politisch nutzbar wird. Obendrein ist diese These nach 1945 und noch mehr nach 1990 in die bundesdeutsche Staatsraison eingeflossen. Das hat vorurteilsfreie Forschung in den letzten 30 Jahren nicht leichter gemacht. Sie halten also die Forschung für politisch manipuliert? Oder sogar durch die Nürnberger Urteile von 1946 verboten? Sagen wir: Jein und Nein. Der politische Einfluss auf die Forschung zur Zeitgeschichte ist unleugbar vorhanden. Es wurde von bundesdeutschen Ministerien auch schon Druck auf Verlage ausgeübt, die Zusammenarbeit mit mir zu beenden. Verboten ist freie Forschung zu diesen Themen trotzdem nicht. Sie hat auch vielfach stattgefunden und wurde publiziert. Wie konnte Deutschland einen Krieg verursachen, den es nicht wollte? Da spielen geopolitische Faktoren eine wesentliche Rolle. Die Weltpolitik drängt seit Jahrhunderten nach Mitteleuropa hinein, das habe auch ich in ‚Logik der Mächte‘ 1999 dargestellt. Der deutsche Versuch, diese Entwicklung zu stoppen und Mitteleuropa als autonomes Machtzentrum zu etablieren, ist gescheitert. Das ist im übrigen das Grundthema der ganzen Weltkriegsära in Europa, seit 1914. Die Weltpolitik in London, Paris, Moskau und Washington, konnte mit einem ‚Deutschland auf Augenhöhe‘ nichts anfangen. Kollege Prof. Brendan Simms hat jüngst eine Geschichte Europas der Neuzeit vorgelegt, die sich um den „Kampf um die Vorherrschaft“ in Mitteleuropa, sprich Deutschland dreht. Nur traute Simms sich nicht, diesen Ansatz auch auf die Jahre 1914-1945 anzuwenden. Er trifft aber auch dort zu, eigentlich sogar ganz besonders. Sie haben über politischen Antisemitismus promoviert. Welche Rolle spielte die nationalsozialistische Judenfeindschaft auf dem Weg zum Krieg? Die Verfolgung der Juden in Deutschland trug zweifellos zur politischen Isolation des NS-Staates bei. Sie war eine besondere Provokation angesichts der sonst überall bestehenden Rechtsgleichheit jüdischer und jüdischstämmiger Bürger. Aber es war sicher nicht der entscheidende Faktor für die Entwicklung hin zum Krieg. Auch das Kaiserreich und das demokratische Deutschland der Weimarer Republik blieben bereits international im Abseits und konnten keinen der anderen Großstaaten dauerhaft als Partner gewinnen. Sie beschäftigen sich immer wieder intensiv mit der Republik Polen. Wollen Sie deutsche Verantwortung in polnische verwandeln? Nein, natürlich nicht. Der polnische Vorkriegsimperialismus vor 1939 ist allerdings ein interessantes Forschungsfeld. Überhaupt sind die Rolle des polnischen Staates und das damalige polnische Selbstverständnis wenig im Geschichtsbewußtsein westlicher Länder verankert, sowohl die positiven wie die negativen Seiten. Der Gang der Dinge und ihr Ausgang sind aber ohne polnischen Beitrag nicht denkbar. Sie sind auch politisch tätig, als AfD-Funktionär, Bundes- und Landtagskandidat und Kommunalpolitiker. Beeinflusst das nicht ihre wissenschaftliche Arbeit? Nein. Erstens habe ich ja schon 20 Jahre vor der Parteigründung auf diesen Themen geforscht und publiziert. Meine wissenschaftlichen Positionen sind seitdem völlig konsistent und belegbar. Zweitens betrachte ich mein politisches Engagement als staatsbürgerliches Recht und eigentlich auch als Pflicht, ganz unabhängig davon, welchen Beruf ich ausüben würde. |